Qualitätskriterien für freie Bildungsressourcen (OER) wurden bislang durch Initiativen an Hochschulen weitgehend unabhängig voneinander eingesetzt. Nach intensiven Austauschen in der Fachcommunity haben sich nun fünf OER-Landesinitiativen aus dem Hochschulbereich in Deutschland in einer Arbeitsgruppe auf ein gemeinsames Qualitätsverständnis verständigt. Die Arbeitsgruppe zu OER-Qualität wurde durch die AG Digitalisierung der Kultusministerkonferenz initiiert und ist mittlerweile an das Kooperationsnetzwerk OER-förderliche Infrastrukturen und Dienste (KNOER) angebunden.


Länderübergreifendes Verständnis

Seit ihrem Beginn ist die Arbeitsgruppe beständig gewachsen. Sie umfasst mittlerweile Vertreter*innen von fünf OER-Landesinitiativen (HOOU, vhb, ORCA.nrw, twillo, ZOERR) sowie weitere Fachexperten, z. B. aus der Europäischen Hochschule für Innovation und Perspektive sowie der Universität Bremen. Jede OER-Landesinitiative setzt inhaltlich eigene Schwerpunkte, hat aber hinsichtlich der Qualitätssicherung ein vergleichbares Verständnis. Im Rahmen einer Status quo Betrachtung innerhalb der Arbeitsgruppe wurde schnell deutlich, dass bisher schon mehr oder weniger unabhängig voneinander vergleichbare Ziele in Bezug auf die Qualität der offenen Bildungsressourcen verfolgt wurden, die über die OER-Landesinitiativen veröffentlicht werden. Nahezu alle Landesinitiativen orientieren sich am Qualitätsmodell von Mayrberger und Zawacki-Richter, das aus der Hamburg Open Online University (HOOU) beauftragt wurde. “Es war eine perfekte Grundlage, um darauf aufbauend die gemeinsamen Qualitätskriterien zu definieren und zu verfeinern“, sagt Dr. Wiebke Breustedt, Qualitätsmanagerin bei ORCA.nrw.

Für die Mitglieder der AG OER-Qualität steht fest, dass Qualitätskriterien für OER grundsätzlich in zwei Dimensionen zu unterteilen sind. In der pädagogisch-didaktischen Dimension geht es um die Frage, wann OER inhaltlich gut sind. Dabei spielt zum einen die fachwissenschaftliche Fundierung – also die korrekte Wiedergabe von Inhalten, Zitaten, etc. – eine wichtige Rolle, zum anderen die inhaltliche Wiederverwertbarkeit der Materialien. OER sollten also in sich geschlossen zur freien Verfügung gestellt werden und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, einzelne Inhalte herausnehmen und (wieder-)verwenden zu können. Hinzu kommt zudem die didaktische Komponente: Das Lernziel der freien Bildungsressource sollte deutlich werden und zum Inhalt passen. Alignment ist hier das entsprechende Stichwort.

Für die Qualitätskriterien spielt darüber hinaus die technische Dimension eine entscheidende Rolle. Durch sie wird die Zugänglichkeit der Materialien sichergestellt. Wichtig hierbei ist zum einen die grundsätzlich offene Lizenzierung gemäß der OER-Definition der UNESCO. Sie ermöglicht die Nutzung, Veränderung und Weitergabe der OER an Dritte. Zum anderen muss eine technische Wiederverwertbarkeit gegeben sein, um Lehr-/Lernmaterialien niedrigschwellig in verschiedene Anwendungen integrieren zu können. Besonders leicht wird dies ermöglicht, wenn Open-Source-Software bei der Erstellung verwendet wird.

Ziel: Mehr Qualität und Transparenz

Für die Landesinitiativen trägt die Einigung auf die Qualitätskriterien zur hohen Qualität der freien Bildungsressourcen bei und verschafft Orientierung für Autor*innen und Nutzende von OER. Nina Anders, Qualitätsmanagerin für die HOOU, formuliert es so: „Lehrende und Studierende sollen sich auf die Qualität der freien Bildungsressourcen verlassen können, unabhängig davon, welches Landesportal sie nutzen. Uns ist daher wichtig, dass die Qualität der OER, die über verschiedene Landesportale verfügbar sind, vergleichbar ist.“ Hierfür ist das gemeinsame Qualitätsverständnis der Landesinitiativen ein großer Meilenstein.

Auch in Zukunft wollen die Landesinitiativen das gemeinsame Set an Qualitätskriterien nutzen. So sind im Rahmen von KNOER sogenannte KNOER-Kollektionen geplant, die zu unterschiedlichen Themenbereichen aus OER-Materialien der jeweiligen Landesinitiativen gebildet werden sollen.

Unterstützungsangebote

Um Autor*innen freier Bildungsressourcen bestmöglich bei der Umsetzung der Qualitätskriterien zu unterstützen, bieten die OER-Landesinitiativen zahlreiche Angebote an.

Selbstchecks & FAQs

Anhand der FAQs können sich Autor*innen bei den Landesinitiativen über die Qualitätssicherung ihrer OER informieren und die Qualität mithilfe von Selbstchecks prüfen:

Twillo Qualitäts-Schnellcheck: In sieben Schritten können Autor*innen ihre OER vor der Veröffentlichung auf alle relevanten Kriterien prüfen und im Nachgang guten Gewissens teilen oder zielgerichtet überarbeiten.

HOOU H5P Selbstcheck: Die vier HOOU-Pflichtkriterien sind zur eigenen Überprüfung als H5P-Selbstcheck aufbereitet.

ORCA.nrw Checkliste „OER erstellen“: Das zehnseitige Dokument dient als Leitfaden zur Überprüfung der Qualitätskriterien und beinhaltet eine praktische Liste mit Checkboxen.

– FAQ: Die umfangreichen FAQ-Bereiche des ZOERR, bei twillo, der vhb und ORCA.nrw informieren übersichtlich zu den Themen OER-Erstellung, Veröffentlichung, Lizenzwahl sowie den Besonderheiten der jeweiligen Landesinitiativen.

Rechtsinformation

OER können vielseitig vervielfältigt, verwendet, verarbeitet, vermischt und verbreitet werden. Um rechtliche Fragen zum Beispiel zum Urheberrecht, Datenschutz und Prüfungsrecht zu beantworten, bieten die Landesinitiativen eine Reihe sich ergänzender Anlaufstellen und Tools. Bei ORCA.nrw ist dies beispielsweise die Rechtsinformationsstelle, bei twillo der Kompetenzbereich Rechtsfragen. Die HOOU bietet das Tool des Rechtslotsen, um sich über rechtliche Aspekte zu informieren. Darüber hinaus steht über das Multimedia Kontor Hamburg (MMKH) eine hochschulübergreifende Rechtsinformationsstelle im Rahmen der HOOU zur Verfügung, über die auch der Blog “HOOU-Rights” zu urheberrechtlichen Fragestellungen und CC-Lizenzen betrieben wird.

Persönliche Beratung, Workshops & Veranstaltungen

Die Landesinitiativen bieten außerdem persönliche Beratung, redaktionelle Betreuung sowie eine Vielzahl von Workshops und weiteren Veranstaltungen zu Fragen rund um OER. Nähere Informationen bieten die Webseiten der Landesinitiativen:

HOOU             ORCA.nrw                  twillo                vhb                  ZOERR

Kontakt

Koordinatoren der AG:

  • Dr. Marc Göcks MMKH/HOOU (m.goecks@mmkh.de)
  • Dr. Klaus Wannemacher HIS-HE/twillo (wannemacher@his-he.de)